Pro Senectute VR

Pro Senectute will im Metaverse digitale Filialen aufbauen

Viele ältere Menschen tun sich schwer mit der Technik. Trotzdem hat Pro Senectute beider Basel im Metaverse drei Parzellen gekauft. Die grösste Fach- und Dienstleistungsorganisation für das Alter in der Schweiz will Gas geben im begehbaren Internet. Warum erwirbt gerade eine Altersorganisation virtuelles Land?

Ein regionaler Ableger in der Nordwestschweiz der landesweit prominenten Schweizer Non-Profit-Organisation (NPO) Pro Senectute wagt sich ins Metaverse. «Konkret haben wir uns auf zwei Plattformen Grundstücke gesichert, mit der Vision, dort eine Metaverse-Filiale von Pro Senectute einzurichten. Eine Parzelle wurde auf Sandbox, zwei Parzellen wurden auf Decentraland gesichert», sagt Michael Harr, Geschäftsleiter Pro Senectute beider Basel.

Architekt für die virtuelle Filiale gesucht

Aktuell, so Harr, «suchen wir nach Architekten, die uns die Pro-Senectute-Filiale im Metaverse gestalten». Später werde man dann wohl auch Hardware wie etwa Virtual Reality Headsets anschaffen, «um Seniorinnen und Senioren in Kursen den Eintritt ins Metaverse zu ermöglichen und sie dabei zu beraten».

Experte: «Keck und mutig»

Dass ausgerechnet eine Seniorenorganisation den Schritt ins Metaverse wagt, erstaunt. Ist es vielleicht sogar die erste Schweizer NPO-Organisation im digitalen Übermorgenland? «Den kompletten Überblick habe ich zwar nicht, aber ich weiss noch nicht von vielen Schweizer NGO und NPO mit einer Dependance im Metaverse. Das Thema ist immer noch sehr nischig», sagt Philipp Semmler, Chief Innovation Officer der Zürcher Werbeagentur Inhalt und Form, der für das Unternehmen die Metaverse-Unit Iundf Neo aufbaut.

Semmler findet den Gang von Pro Senectute ins immersive Internet «ebenso keck wie mutig. Wer nichts macht, lernt auch nichts.»

Alte schulen. Und Jüngere früh abholen

Beim Gang ins Metaverse geht es Michael Harr genau darum: ums Lernen: «Erstens könnten ältere Menschen, auch solche mit einem Handicap, im Metaverse möglicherweise Dinge erleben, die sie so im realen Leben nicht tun könnten. So können wir älteren Menschen auch die Technologie näherbringen.»

Harrs zweites Thema: «Mit einer Metaverse-Präsenz wollen wir Menschen zukunftsweisend abholen, die in naher Zukunft ebenfalls ins Pro-Senectute-Alterssegment kommen.» Was dem Pro-Senectute-Kadermann dabei wichtig ist: «Die Metaverse-Präsenz soll unsere Tätigkeit in der realen Welt zukunftsgerichtet ergänzen, aber keinesfalls ersetzen.»

Landkosten per NFT-Verkauf refinanzieren

Für den Parzellen-Erwerb auf Sandbox und Decentraland habe man 15’000 Franken aufgewendet sagt Harr. Diese Kosten sollen über den Verkauf von virtuellen Vermögenswerten, Non-Fungible Token NFT, refinanziert werden. Diese NFT werden auf Grundlage von Landschaftsaufnahmen des Schweizer Influencers Marcus Händel alias Quintner kreiert, der den Instagram-Account @visitswitzerland mit über 800’000 Followern betreibt.

4444 solcher NFT sollen ab Oktober zum Preis von je 66 Franken verkauft werden, was im besten Fall gut 300’000 Franken in die Metaverse-Kasse von Pro Senectute beider Basel spült.

Hohe Hürden für die zwei gewählten Plattformen

Dass sich nicht gleich die gesamte Schweizer Pro Senectute den Datenhelm für die Reise ins Metaverse aufsetzt, sondern zunächst nur ein regionaler Ableger losläuft, erklärt Harr so: «Die kantonalen Pro-Senectute-Organisationen sind alles selbstständige Stiftungen. Pro Senectute beider Basel möchte vorausschauend handeln und sich mit den technologischen Entwicklungen auseinandersetzen. Wir sind in der NPO-Welt mal vorausgegangen.»

Wenn Metaverse-Experte Semmler etwas zu bemängeln hat am Schritt von Pro Senectute beider Basel, dann wäre es ein Technologiethema: «Pro Senectute hat sich mit Sandbox und Decentraland zwei eher hochschwellige Plattformen ausgesucht. Das beste Spielerlebnis bekommt man dort, wenn man sich über ein persönliches Krypto-Wallet verbindet.»

Eine Plattform wie Spatial wäre wohl für die User einfacher zu betreten und für Pro Senectute als Organisation günstiger zu gestalten und zu betreiben gewesen, sagt Semmler, «da nicht erst virtuelles Land erworben werden muss». In der Operation AHVtar aber sieht Semmler mehr Positives als Bedenkliches: «Hauptsache, die Organisation wagt etwas.»

Quelle: Handelszeitung

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