Die SBB, Augment IT by Netcetera und Realwear haben an einem Event in Zürich die Vorteile von Datenbrillen präsentiert. Die smarten Geräte könnten beispielsweise dem Wissensverlust in Unternehmen entgegenwirken.
Um das Potenzial von Datenbrillen zu eruieren, trafen sich die SBB, der Datenbrillenhersteller Realware und Augment IT in Zürich. Augment IT ist quasi ein internes Start-up des Zürcher Softwareentwicklers Netcetera, das sich auf Augmented und Virtual Realty Lösungen spezialisiert hat. Vor rund 30 Gästen präsentierten die drei Unternehmen anhand des Beispiels der Maschinenwartung, wie der Arbeitsalltag von morgen aussehen könnten.
Was die Datenbrillen von Realwear können
Der Fokus lag dabei auf der Datenbrille Navigator 500 von Realwear. Die Datenbrille funktioniert selbstständig und muss also nicht an einen PC angesteckt werden. Sie verfügt über Lautsprecher, Mikrofon, Kamera und einem Display, das vor dem rechten Auge montiert ist. So können Nutzer und Nutzerinnen beispielsweise mit Experten telefonieren, während diese auf dem Display Hilfestellungen einblenden. Da man dabei nicht – wie etwa bei der Hololens – durch das Display hindurch blickt, aber man das Umfeld weiterhin sehen kann, spricht man hier eher von Assisted Reality.
Die Geräuschunterdrückung funktioniere dabei bis zu einer Lautstärke von 100 Dezibel, sagte Frédéric Plasson, Regional Director Alps & Eastern Europe bei Realwear. Das heisst, die Videotelefonie funktioniere auch in Maschinenhallen mit viel Lärm problemlos. Gesteuert wird das Gerät per Sprachbefehle. Um etwa eine Applikation zu starten, muss man nur den Namen der App sagen.
Das rund 2000 Euro teure Gerät ist zudem recht robust. So kann man es von 2 Meter Höhe auf Beton fallen lassen, ohne dass es zu Schaden kommt. Bei der Vorführung stand Plasson sogar auf dem Gerät drauf und es funktionierte anschliessend noch problemlos. Das Gerät kann bei Temperaturen von minus 20 bis plus 50 Grad eingesetzt werden. Der Akku hält bei schwerer Auslastung 6 Stunden, bei normaler bis zu 10 Stunden. Der Akku kann zudem bei laufendem Betrieb ausgewechselt werden; ein verbauter Zweitakku überbrückt die Zeit, die zum Auswechseln benötigt wird.
Realwear arbeitet aktuell daran, Kamera und Display modular zu machen. Alternativ bietet der Hersteller bereits eine Thermalkamera an.
Wie die SBB Datenbrillen testen
Wenn es um die Instandhaltung ihrer riesigen Infrastruktur geht, steht die SBB vor einer Herausforderung: «Weil die Anlagen und Prozesse im Bahnbetrieb immer komplexer werden, müssen sich die SBB mit dem Problem des Wissenstransfers beschäftigen», sagte Günhan Akarçay, Head of Center of Competence on Extended Reality bei den SBB.
Dies ist auch nötig, da junge Mitarbeitende heute seltener ihr ganzes Arbeitsleben bei einem Arbeitgeber verbringe und häufiger den Job wechseln. Kann ein Unternehmen das Know-how hingegen konservieren – etwa mithilfe der AR-Technologie – wirkt das allfälligem Brain drain entgegen.
Extended Reality ist in drei Bereichen sinnvoll: Sie könnten bei Schulungen helfen, komplexe Theorie intuitiv und anschaulich zu vermitteln. Sie könnten mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen beispielsweise bei der Instandhaltung von Maschinen helfen. Und sie könnten für die Fernunterstützung bei Störungsbehebungen genutzt werden. Spezialisten könnten so überall in der Schweiz bei Störungsfällen aushelfen.
Was Mitarbeitende von Datenbrillen halten
Die Akzeptanz durch die Mitarbeitenden ist bei solchen Projekten ein wichtiger Faktor für die SBB. Für derartige Pilotprojekte setze die SBB auf Early Adopter, die gerne solche Technologien testen würden.
Reto Grob, Managing Director von Augment IT, griff die Themen Schulung und Akzeptanz in seiner Rede wieder auf. Er wies auf einen Vorteil der assistierten Fernwartung hin im Vergleich zu “nur” geschulten Mitarbeitenden: “Mind the gap to reality”.
Das Training findet nämlich in einem Schulungsraum statt. Die eigentliche Arbeit passiere aber viel später und an einem ganz anderen Ort. Das heisst, die Mitarbeitenden müssen dann Fachwissen abrufen, das zeitlich und örtlich vielleicht schon in weiter Ferne gerückt ist. Mit einer Datenbrille ist das Fachwissen frisch und direkt vor den Augen.
«Diese Technologie ist kein Trend, der vorbeigeht, sondern etwas, das langfristig kommen wird», sagte Grob. Die Frage sei nur, wann. Die Akzeptanz sei aber schon stark gestiegen in den vergangenen Jahren. Dies liege unter anderem auch daran, dass die Hersteller stets neue, bessere Geräte lancieren. Was wiederum auch dazu führe, dass die Akzeptanz weiterhin steigen werde.
Quelle: it-markt