Ein Klick – und die Musik beginnt. Digitale Konzertformate nehmen zu. Doch was macht diese eigentlich unterhaltsam und künstlerisch attraktiv? Was will das virtuelle Publikum? Das untersucht jetzt ein gross angelegtes Forschungsprojekt – vom Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik und der Universitäten in Friedrichshafen, Bern und York.
Wir haben erste gerade vom anstehenden virtuelle Nightwish Konzert berichtet. Natürlich gibt es Konzerte via Live-Stream oder Aufzeichnung im Internet nicht erst seit Corona. Doch seitdem die normalen Auftrittsmöglichkeiten im Konzertsaal weitgehend wegfallen, sind Streams vielerorts eine Alternative. Umso mehr drängt die Frage danach, wie diese digitalen Konzerte in Zukunft aussehen soll: Welche Art der digitalen Aufbereitung kommt beim Publikum wirklich gut an? Was muss verbessert werden? Wirkliche Forschungsergebnisse hierzu gibt es bislang nicht. Das soll sich nun ändern.
Wie kann sich das Konzertwesen im digitalen Wandel behaupten?
Das Angebot an audiovisuellen Musikangeboten ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Nicht zuletzt geht es für Konzerthäuser, Festivals und private Anbieter darum, das Publikum von morgen anzusprechen. Wie muss sich das Konzertwesen unter dem rasanten Druck des digitalen Wandels als Kulturform und soziales Forum behaupten? Diese Frage stellte sich Professor Dr. Martin Tröndle. Er lehrt an der Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen am Bodensee. Die hat nun die Federführung für das Forschungsprojekt übernommen.
Forschungsprojekt Digital Concert Experience
Neben der ZU sind auch das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main, die Universität Bern in der Schweiz und die University of York in Großbritannien an dem Forschungsprojekt beteiligt. Der Deutscher Musikrat ist Partner des Forschungsprojektes. Mit dabei beim Forschungsprojekt: der Cellist Alban Gerhardt.
Um die Wirkung von digitalen Konzertangeboten zu untersuchen, hat das Forschungsteam einen Konzertfilm produziert. Jetzt soll die Wirkung dieses Films auf das virtuelle Publikum untersucht werden. Dazu werden sechs verschiedenen Streaming-Varianten getestet. Gestaltet wurden sie von dem Konzert-Designer Folkert Uhde. An dem Projekt sind hochkarätige Musiker beteiligt: das Kammermusikensemble Alban Gerhardt & Friends, also Baiba Skride, Gergana Gergova, Micha Afkham, Brett Dean und der Cellist Alban Gerhardt. Sie spielen Streichquintette von Ludwig van Beethoven, Brett Dean und Johannes Brahms.
Virtuelle Konzertformate als Chance
«Geladene Zuschauer beurteilen dann, wie und warum ihnen die verschiedenen Formate gefallen», sagt Prof. Melanie Wald-Fuhrmann. Sie ist Direktorin des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik. Bei der Studie ist unter anderem bereits ein Format mit VR-Brille dabei. «Bei Virtual Reality könnte man zum Beispiel darüber nachdenken, dass man als Zuschauer dann zum Beispiel zwischen den Musikern sitzt und den Geigern zum Beispiel über die Schulter schauen kann.» Wald-Fuhrmann sieht die aktuelle Konzert-Situation nicht nur negativ. Sie betrachtet sie vielmehr als Chance für ein neues Erleben von Konzerten: «Es gibt zum Beispiel Freiheiten bei der Wahl, wann und wo man das Konzert verfolgen möchte.»
Anmelden und mitmachen
Los geht die Studie “Digital Concert Experience” am 15. Januar 2021. Momentan werden noch Teilnehmer gesucht. Bewerben kann man sich hier.
Im Anschluss an die Studie sollen die Ergebnisse mit einer weiteren gross angelegten Studie derselben Forschungsgruppe abgeglichen werden. Diese Studie, die das reale analoge Konzerterlebnis untersucht, wurde bereit 2019 gestartet und läuft bis 2022.
Quelle: br-klassik