Virtuell wird real – neue Technologien für die Medien der Zukunft

Virtuell wird real – neue Technologien für die Medien der Zukunft

Bewegte Bilder in der Zeitung wie bei Harry Potter oder digitale Wetterprognosen auf Berndeutsch? Neue Medientechnologien verändern den Journalismus. Das Media Technology Center der ETH Zürich unterstützt Medienunternehmen auf dem Weg in die Zukunft.

In der magischen Welt des Zauberlehrlings Harry Potter ist vieles möglich: Zum Beispiel gibt es dort den «Tagespropheten». In dieser Zeitung für Hexen und Zauberer bewegen sich die abgebildeten Figuren wie im echten Leben.

Moderne Medientechnologien kommen dem sehr nahe: Im Media Technology Center (MTC) der ETH Zürich zum Beispiel arbeiten Studierende und Forschende an einem solchen «augmented paper» (dt. «erweiterte Zeitung»): Wer diese Zeitung mit einer Augmented Reality Brille, liest, sieht – wie bei Harry Potter – bewegte Bilder auf den Seiten. «Es ist gut möglich, dass diese Brillen bald schon so klein sind, dass wir sie den ganzen Tag tragen können», sagt Severin Klingler, der Geschäftsführer des MTC, «dann sehen wir, wie in einem ‹augmented paper› digitale und echte Inhalte miteinander verschmelzen.»

Harry Potters Schulbeginn – ein Film für die Zeitung

Das «augmented paper», das die ETH-​Forschenden derzeit entwickeln, verbindet die Vorteile der klassischen Zeitung aus Papier mit den Vorteilen von digitalen Inhalten: «Man hält wie gewohnt die Zeitung in der Hand. Wenn man sie jedoch mit der AR-​Brille liest, dann verändern sich die Bilder und Texte», sagt Klingler. So sieht man zum Beispiel, wie im Bild unter der Schlagzeile «Schulbeginn für Hexen und Zauberer» eine Dampflokomotive auftaucht. In Zukunft liessen sich mit dieser Technologie reale Ereignisse wie das Böög-​Verbrennen am Zürcher Sechseläuten als Film in die Zeitung einbetten. «Neu an unserer Technologie ist, dass die bewegten Bilder auch dann korrekt dargestellt sind, wenn sich das Zeitungspapier beim Blättern verbiegt», legt Klingler dar.

Sehr praktische Ziele verfolgt das MTC mit einem Projekt für AR-​Brillen in der Zürcher Innenstadt: Wer den Paradeplatz durch eine AR-​Brille betrachtet, sieht lokale Informationen wie die Abfahrtszeiten der Trams, Verkaufsplakate der umliegenden Geschäfte – oder Zeitungsartikel über die beiden dort ansässigen Grossbanken. Fragen der praktischen Lesbarkeit stehen dabei im Vordergrund: Wo und wann wird ein Plakat angezeigt? Wo werden die Artikel angezeigt? Welche Flächen eignen sich für die Anzeige?

Ein Dinosaurier spaziert durch Zürich

«Das MTC beschäftigt sich vor allem damit, wie man diese neuartigen, digitalen Inhalte möglichst einfach für die Medien erzeugen kann», erklärt Klingler. Mit dem Tool des MTC lässt sich der Paradeplatz einfach mit virtuellen Figuren anreichern – zum Beispiel als Zoo oder Unterwasserwelt: «Alles, was jemand in der virtuellen Realität erstellt, erscheint automatisch auf dem echten Paradeplatz», sagt Klingler, «damit nimmt unser Tool den Nutzern die mühsame Frage ab, wie ihre virtuellen Inhalte an den richtigen realen Ort gelangen. Sie können sich ganz aufs Gestalten konzentrieren.»

Zu den technischen Herausforderungen, für die eine einfache Lösung noch fehlt, zählt das «occlusion handling»: Anders als im Kinofilm, der im Studio bearbeitet wird, verschwinden virtuelle Figuren, die sich in Echtzeit durch eine reale Situation bewegen, oft nicht sofort aus dem Gesichtsfeld, wenn ein Nutzer um eine Strassenecke biegt. Das stört die Glaubwürdigkeit des Seherlebnisses.

Mit dem Ansatz der ETH-​Forschenden gelingt das nun besser: zum Beispiel verschwindet bei ihnen ein virtueller Dinosaurier, der bei der Tramhaltestelle am Zürcher Stampfenbachplatz unterwegs ist, wie im richtigen Leben sofort aus dem Blickfeld, wenn er just beim Medienzentrum des Kantons Zürich um die Hausecke biegt. Dafür haben die ETH-​Forschenden das 3D-​Modell der Stadt Zürich verwendet.

Unterstützung für die digitale Transformation

In der Regel sind die Entwicklungsprojekte des MTC in ein bis zwei Jahren umsetzbar und haben einen praktischen Nutzen für Redaktionen und Medienunternehmen. Das Ziel ist es, Schweizer Medienunternehmen in der digitalen Transformation zu unterstützen. Das betrifft sowohl die Erstellung journalistischer Inhalte als auch die Produktion verschiedener Medienformate und Methoden, wie man Inhalte digital zu den Usern bringt und den Medienkonsum personalisiert.

Quelle: ethz gekürzt / Youtube

 

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