Das Schweizer Start-up Loft Dynamics

Start-up Loft Dynamics: Virtuelle Realität in der Flugschule

Das Schweizer Start-up Loft Dynamics hat den Simulator für Helikopter-Piloten neu erfunden. Mit frischem Geld will die Firma nun die USA erobern.

2016 entstand aus einer Spielerei und Probierei eine Firma, die VRM Switzerland – oder Loft Dynamics, wie sie seit dem letzten Montag heisst. Wir haben auch schon über VRM berichtet. Gründer Fabian Riesen hat einen komplett neuartigen Flugsimulator für Helikopterpiloten entwickelt. Statt in einer riesigen Kugel mit zweidimensionalen Displays sitzen diese nun in einem offenen Cockpit mit virtueller Realität vor den Augen. Eine Idee, die dem Unternehmen nun ihre erste Finanzierungsrunde beschert.

Loft Dynamics hat den US-Technologieinvestor Craft Ventures für sich gewinnen können. 20 Millionen Dollar steckt der Risikokapitalgeber in die Schweizer Firma. «Wir haben damit die Chance, unseren Simulator weltweit zu vertreiben. Das kommt genau zur richtigen Zeit, denn die Nachfrage nach sicheren und finanzierbaren Schulungen ist riesig», freut sich Riesen. Vor allem den US-Markt hat der CEO im Blick.

Ein Simulator, der zehnmal kleiner und zwanzigmal billiger ist

Denn das Konzept kann der Branche Kosten und vor allem Risiken ersparen. Ein voll lizenzierter Flugsimulator für Hubschrauber kostet rund 20 Millionen Euro. «Viele Betreiber können sich regelmässige Schulungen in einem herkömmlichen Simulator nicht leisten», erklärt Riesen. Also werde auf tatsächlichen Flügen geübt, auch viele Check-ups finden unter realen Bedingungen statt. «Jeder dritte Unfall passiert hier», sagt der Gründer.

Entsprechend gut kam die Innovation bei Piloten an. Doch das bedeutete noch nicht, dass die Flugaufsichtsbehörden die Idee ebenfalls gut finden würden. Riesen erinnert sich an seine Überraschung, als er 2018 einen Anruf von der EASA bekommen habe. Mitarbeitende der Europäischen Luftfahrtbehörde hatten auf Youtube ein Video des Simulators gesehen. Man wollte sich das gerne mal vor Ort anschauen.

Luftfahrtbehörde wurde durch Youtube auf das Start-up aufmerksam

Die EASA hat dann eine Delegation in die Schweiz geschickt. Im April vergangenen Jahres wurde der Simulator für den Schulungs-Heli Robinson R22 von der Behörde offiziell qualifiziert. Piloten können nun Trainings wie in einem richtigen Helikopter absolvieren. Im Mai 2022 folgte die Qualifizierung des Airbus H125, ein weitverbreitetes Modell.

Nun steht der nächste große Schritt für das junge Unternehmen an, und für den braucht es erstmals Fremdkapital. «Wir konnten uns bisher mit den Mitteln aus der eigenen Tasche und von Unterstützern finanzieren»“, erläutert Riesen, «auch haben wir schon recht früh erste Simulatoren verkauft.»

Loft Dynamics vertreibt Simulator plus Service. Die Firma baut das Gerät auf, hält Software- und Hardware auf dem neuesten Stand. «Und wir schulen die Trainingspiloten und die Piloten auf dem Simulator, sodass sie den Simulator ab dann jederzeit nutzen können», sagt der Gründer.

Das Team des Schweizer Jungunternehmens scheint damit eine Marktlücke entdeckt zu haben. «Die Möglichkeit, die Piloten regelmäßig zu bezahlbaren Bedingungen trainieren zu können, ist hochrelevant für die Branche», sagt Oliver Freiland, der CEO von Heli Service International in Emden. Das Unternehmen steuert mit seinen Hubschraubern unter anderem Windparks auf hoher See an.

Mehr Sicherheit, weil Piloten sich freiwillig mehr schulen lassen

Bisher seien Schulungen im Helikopter-Simulator sehr aufwendig: «Sie sind nicht nur teuer, es gibt auch nicht so viele.» Jede Änderung eines Hubschraubers durch den Hersteller müsse mühsam in den Simulator eingepflegt werden. Die neuen Daten müssten entweder vom Hersteller erworben werden, sofern er diese überhaupt teilt. Oder sie müssten zeitaufwendig erflogen werden. «Auch müssen die passenden Umgebungsdaten eingebaut werden, bei uns zum Beispiel Windparks», sagt Freiland.

Nach eigenen Angaben gibt Heli Service im Jahr etwa 1,4 bis 1,6 Millionen Euro für Trainings aus. «Wir können uns das leisten, aber viele kleine Betreiber sicherlich nicht.» Dort gingen die Piloten nicht in Simulatoren. «Wenn es gelingen sollte, einen Simulator zu bauen, bei dem all das viel einfacher und kostengünstiger ist, ist das für viele Betreiber ein echter Vorteil und zudem ein Gewinn für die Sicherheit.»

Riesen: «Die ersten Erfahrungen zeigen, dass die Piloten freiwillig mehr Schulungen im Simulator machen.» Der Markt sei gross, es gehe nicht nur um all die Hubschrauber auf der Welt. «Es geht auch um die elektrischen Senkrechtstarter und Flächenflugzeuge. Ein Simulator etwa für einen Airbus A350 steht zwar nicht aktuell auf der Agenda, aber die Diskussion darüber läuft bei uns.»

Quelle: handelsblatt

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