Mit dem Ein- und Ausatmen ein U-Boot steuern und für eine virtuelle Schatzsuche auf den Meeresgrund abtauchen – mit diesem Virtual Reality Spiel fällt Kindern und Jugendlichen mit Cystischer Fibrose die Atemtherapie leichter. Ein Forschungsteam der HSLU hat es mitentwickelt.
In der Schweiz sind rund 1000 Personen von Cystischer Fibrose (CF) betroffen. Diese Stoffwechselkrankheit führt zu zähflüssigem Schleim in der Lunge und häufig auch zu Beschwerden im Verdauungstrakt. Zur Behandlung gehören tägliche Atemübungen. Diese aktivieren das zähflüssige Lungensekret, damit es abgehustet werden kann.)
Gerade Kindern und Jugendlichen fehlt aber oft die Motivation, die Übungen zuhause sauber durchzuführen. Deshalb erarbeitete Schumacher, Spezialist für Kindertherapie, das Konzept eines unterstützenden Computerspiels – ein sogenanntes Serious Game. In Zusammenarbeit mit Tobias Kreienbühl, Informatik-Forscher an der Hochschule Luzern, entstand ein als Virtual Reality Game konzipiertes Übungsspiel.
Ein Action-Spiel wäre kontraproduktiv
Das Prinzip ist einfach: Die Spielenden befinden sich im Cockpit eines U-Boots, dort stellt man die wichtigsten Parameter für das Spiel ein. Sobald es los geht, bricht man zu einem Tauchgang durch die Unterwasserwelt auf. Das Ausführen der Atemübungen lässt den Spieler oder die Spielerin vorwärtskommen.
Damit das funktioniert, macht sich das Spiel das Pari PEP-System zunutze: Dieses Therapiegerät wird für die Übungen zur Reinigung der Atemwege verwendet. Die CF-Betroffenen pusten dazu so lange hinein, bis sich der Schleim in der Lunge löst. Ein am Gerät angeschlossener Sensor misst die nötigen Informationen und sendet sie drahtlos an das Spiel.
Ziel eines Tauchgangs ist es, eine Schatztruhe auf dem Meeresgrund zu erreichen. Am Ende erhalten die Spielenden Rückmeldung über ihre Leistung. Der Inhalt und die Storyline des Spiels sind dabei bewusst einfach gehalten. Denn: Eine zu aufregende Geschichte wäre kontraproduktiv.«Es wird sicher nie ein Action-Spiel werden», erläutert Entwickler Tobias Kreienbühl. «Steigt die Aufregung der Betroffenen, sinkt die Qualität der Atmung. Das Spiel soll die Übungen unterstützen, nicht behindern.»
Eintauchen ins virtuelle Meer
«Dank VR-Brille sind die Spielenden besser von äusseren Reizen abgeschnitten», sagt Kreienbühl. Damit sei der Fokus auf die Übungen stärker und die Ausführung verbessere sich.
Währenddem der/ die Patient/in über den Meeresboden taucht, kontrolliert Thomas Schumacher die Bewegungen ihres Bauchs. Wird der Hustenreiz zu stark, zieht der/ die Patient/indie VR Brille aus. Die für das Abhusten verwendeten Taschentücher packt Schumacher sogleich in einen Plastiksack. «Die Konzentration von Krankheitserregern im Sekret ist um ein Vielfaches höher, als bei einer Person ohne CF», sagt er. Entsprechend ist Vorsicht bei der Entsorgung und am Ende der Übung gründliches Händewaschen angesagt.
Einsatz auch bei Asthma-Behandlung denkbar
Thomas Schumacher wird in der Entwicklung unterstützt durch seinen Bruder Kurt, der die Geschäftsleitung für das Projekt übernommen hat. Beide wissen, dass es erst in den Kinderschuhen steckt. Potenzial sehen sie in der von den Forschenden der HSLU extra für das Spiel programmierten Mess- und Feedbackstruktur, welche losgelöst vom Tauchgang-Szenario funktioniert. Als isolierte Software lässt sie sich für andere Spiele und Anwendungen nutzen. «Das Tauchspiel spricht Kinder und Jugendliche an, für Erwachsene braucht bräuchten wir eine andere Handlung», sagt Thomas Schumacher.
Dies werde vor allem auch dann wichtig, wenn das Spiel für die Behandlung weiterer Krankheiten adaptiert wird, wie Kurt Schumacher erläutert: «Das Spiel ist nicht spezifisch für CF-Betroffene konzipiert. Die gleichen Atemübungen werden auch bei Asthma oder der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit COPD angewendet.» So zum Beispiel etwas für Seniorinnen und Senioren mit Atemproblemen: Da könne er sich durchaus vorstellen, dass der Messmechanismus bereits für sich genommen ohne Spiel eine grosse Hilfe darstellt. Damit weitet sich das Verwendungsspektrum des Spiels allein in der Schweiz von rund tausend auf hunderttausende Patientinnen und Patienten aus.
Quelle: HSLU