Der Schweizer Jungunternehmer Dennys Kuhnert kreiert Virtual Reality Spiele, für die man nur seine Finger braucht. Damit setzt er Millionen um.
Hands only: Der 31-jährige Schweizer Entwickler erfand eine neue Art von Spiel, in dem die eigenen Hände in VR zu Controllern werden. Und landete damit einen Hit, der Millionen umsetzt: Das Game mit Namen «Hand Physics Lab» setzte seit Erscheinen vor sechs Monaten mehr als 200000 Einheiten ab. «Wir sind überrascht, wie gut es sich verkauft hat und auch jetzt noch weit über unseren Erwartungen verkauft», sagt Kuhnert.
Hand Physics Lab bietet eine magische Spielerfahrung, da man mit den eigenen Händen statt Controllern interagiert. Das Interaktionsschema hat immense Vorteile: Die Hände hat man immer bei sich, und man muss nicht erst lernen, wie man sie gebraucht. Beides habe zum Erfolg beigetragen, meint Kuhnert, der Wow-Faktor und die Zugänglichkeit des Spiels.
Die Wahrnehmung mit virtuellen Fingern austricksen
Der gebürtige Lausanner studierte an der EPFL Neuro- und Biotechnik, eine relativ neue Studienrichtung an der Schnittstelle von Medizin und Ingenieurwesen, die mit Spielentwicklung nicht viel zu tun hat. «Ich liebe Technik, aber ich hatte auch schon immer eine kreative Ader. Ich wollte die beiden Dinge verbinden», sagt der junge Ingenieur.
Zwei Jahre nach Abschluss seiner Ausbildung gründet er zusammen mit einem Studienkollegen das Start-up Holonautic, mit dem Ziel, VR-Spiele zu entwickeln. Das erste erscheint 2019 – und bringt kaum Geld ein.
Jenga spielen, einen Safe knacken und ein bisschen Jedi-Ritter sein
Trotz Schwierigkeiten experimentierte er weiter, und Monate später wird aus dem Forschungsprojekt eine Demo, die Zehntausende VR-Spieler in den Bann zieht. Kuhnert erkennt das Potenzial und entschliesst sich, aus der Idee ein richtiges Spiel zu machen. Dann gelingt ihm etwas, das nur wenige Studios schaffen: Holonautic darf das VR-Game im streng kuratierten App Store der Oculus Quest 2 veröffentlichen.
Im April 2021 erscheint das fertige Spiel endlich. Darin müssen Spieler eine Vielzahl Geschicklichkeitsaufgaben und Rätsel lösen: Jenga-Steine entfernen, ohne dass der Turm in sich zusammenfällt, mit Werkzeugen hantieren, einen Safe knacken oder wie ein Jedi-Ritter per Telekinese Objekte bewegen – all das mit den eigenen Händen.
Eine ausgefeilte Physik-Simulation sorgt dafür, dass die Interaktionen nicht nur echt wirken, sondern sich auch so anfühlen. Berührt man mit der virtuellen Hand ein virtuelles Objekt, so wird visuell ein Widerstand simuliert. Der wiederum gaukelt dem Hirn eine taktile Erfahrung vor, auch wenn man in Wirklichkeit nur Luft zwischen den Fingern hat: ein erstaunlicher Effekt, der zeigt, wie das Hirn Wahrnehmungslücken füllt, um eine möglichst schlüssige «Realität» zu schaffen.
Kein anderes VR Spiel setzt so stark und keines so gekonnt auf Handtracking. Das innovative Game setzte binnen kürzester Zeit über 2 Millionen Franken um. «Für ein Schweizer Indie-Studio ist das mehr als nur ein Achtungserfolg, gerade in der VR-Nische», sagt Oliver Miescher, der im Rahmen der Pro-Helvetia-Initiative Swiss Games seit vielen Jahren die unabhängige Schweizer Entwicklerszene begleitet und betreut.
Quelle: AZ