HP enthüllt neues VR-Headset

Mit dem HP Reverb G2 lässt HP ein neues VR-Headset auf den Markt, das an den Vorgänger, das HP Reverb G1, erinnert. Der Hauptunterschied: Diesmal war sogar Valve und nicht nur Microsoft an der Entwicklung involviert. Wir durften uns schon im Rahmen eines Webcast-Meetings mit HP aus den USA über das Reverb G2 unterhalten. Interessant ist die Brille auf jeden Fall, auch wenn wir sie erst ein wenig später bei uns auf dem Markt sehen dürften. Wir haben für euch eine erste Einschätzung.

Gamer und Kreative als Hauptzielgruppe

HP begründet seinen Entscheid, ein weiteres VR-Headset zu pushen mit zunehmenden Einsatzzwecken der VR-Technologie. Dass Gaming nach wie vor als eine treibende Kraft anzusehen sei, bezweifelt auch HP, gestützt auf Marktforscher, nicht. Der zweite Hauptanwendungsbereich liegt für den PC-Hersteller im Bereich von Kreativ-Tools, beispielsweise bei Usern, die ihren Workspace erweitern wollen, um mit mehreren virtuellen Bildschirmen zu arbeiten oder Objekte schneller aus mehreren Winkeln zu betrachten. Corona-bedingt macht sich HP natürlich auch das Home-Office-Argument zunutze, da mehr Meetings virtuell stattfänden und VR auch etwa bei Designern und Ingenieuren in Kollaborativ-Tools, etwa zum gemeinsamen Betrachten von 3D-Projekten, in die Nische springt. Ein Edukativ-Ansatz, bei welchem VR-Services mehr und mehr Learning-Aspekte abdecken würden, zeichne sich ebenfalls ab.

HP enthüllt neues VR-Headset

2K-Displayauflösung und neue Linsen

Die Auflösung der neu geschliffenen Linsen belässt man bei 2160 × 2160 Pixeln pro Auge. Stolz ist HP nach wie vor auf das sehr scharfe LCD-basierte VR-Bild. Im Unterschied zum Vorgänger sei aber ein gewaltiger Kontrast- und Helligkeits-Boost auszumachen.

«Ihr werdet überrascht sein», betont John Ludwig, HPs leitender VR Product Manager. Es sei, als schaue man direkt in die VR-Welt hinein, indem er auf die neue Form der Linsen anspielte, zu denen allerdings keine Dioptrie-Korrektur-Linsen der Valve Index kompatibel sein werden.

Während der Entwicklungsphase habe HP zudem sehr stark darauf geachtet, die Auflösung in Winkelbereichen zu optimieren. Valve habe hier als Partner sein ganzes Know-how eingebracht und das neue Setting von Grund auf neu kallibriert, sagt HP. Der Blickwinkel bleibt mit 114 Grad zwar weiterhin gross. Die Valve Index als Premium-Headset mit dem aufwändigeren Lighthouse-Tracking kann aber den Blickwinkel des Neuzugängers noch immer um 20 bis 30 Grad toppen.

HP enthüllt neues VR-Headset

Vier Kameras für 6-Grad-Bewegungsfreiheit

Stichwort: Tracking. Hier hat HP ebenfalls nachgebessert und spendiert dem Reverb G2 nun vier statt nur zwei Front-Kameras, um eine Bewegungsfreiheit in sechs Graden (6DoF) zu ermöglichen. Laut dem Product Manager sei das verbesserte Tracking inzwischen so gut, dass sich die Bewegungsverfolgung auch in längeren Spielen wie «Half Life: Alyx» sehr natürlich anfühle. Wie bei der Oculus Rift S, Oculus Quest und den bisherigen Windows-Mixed-Reality-Brillen basiert auch HPs Reverb G2 auf ein Inside-Out-Tracking, bei dem kein Aufstellen von Sensoren zur Bewegungserfassung erforderlich ist. Damit sich Neuanwender schnell zurechtfinden, hat HP (wie Samsung) den Windows Mixed Reality Controllern einen optisch-haptischen Refresh gesponsert.

Verbessert wurden in dieser Hinsicht die Analogsticks. Anstelle eines Touchpads gibt es nun Tasten. Auch das Button Layout und die typischen X-/-Y- bzw. B-/A-Tasten wurden den Knöpfen der Oculus Rift nachempfunden. Die VR-Greifer sind kompatibel zu anderen Window-Mixed-Reality-Headsets. Umgekehrt liessen sich die bisherigen Standard-WMR-Controller aber nicht mit HPs neuem Headset verwenden, falls mal einer kaputt ginge.

HP enthüllt neues VR-Headset

Audio by Valve und verbessertes Headstrap

Wie bei der Valve Index dürfen sich Anwender nun auch bei HPs neuer Brille auf ein gutes räumliches «Spatial Audio» freuen. Kein Wunder: Integriert wurden dieselben Audiolautsprecher, die nicht direkt auf den Ohren aufliegen und uns schon bei der Valve Index mit einem sehr bassstarken und  «vollen Audiospektrum» überzeugt haben. Wer andere Kopfhörer montieren möchte, müsste auf ein Wireless-System wechseln, da es keine 3,5-mm-Klinke gibt. An Bord befindet zudem ein IPD-Regler, um den Augenabstand auch physisch anzupassen. Verbessert wurde zudem das Headstrap, um die Brille bequemer und schneller hochzuklappen oder wieder abzustreifen, damit User, die VR zu Arbeitszwecken nutzen, schnell von der VR in die Realität finden und umgekehrt.

Was soll man von HPs Reverb G2 halten?

Rein technisch ist HPs neues Headset irgendwo zwischen der Oculus Rift S und der Valve Index angesiedelt. Dass HP schon bei vorherigen Headsets guten Tragekomfort unter Beweis gestellt hat, hat uns zumindest schon bei HPs erstem Windows Mixed Reality Headset überzeugt. Es war damals eine der angenehmsten Windows-Einstiegs-VR-Brillen. Beim Audio-Kriterium sind Valves Lautsprecher sicher mehr als eine nette Dreingabe: ein Upgrade, das es in sich hat. Sehr wichtig finde ich persönlich den IPD-Regler, da die ersten WMR-Headsets noch keinen beherbergten. Auch die Rift S lässt die Regelung nur per Software zu, was manchmal zu Distortionen oder ungenauen Sweetspots führen kann: vor allem bei Leuten mit sehr breitem Augenabstand. Die AA-Batterien der WMR-Controller hielten manchmal nur einen Spielabend durch. Ob das Energiemanagement der neuen Leuchtcontroller etwas verbessert wurde, wird mich bestimmt noch interessieren.

https://youtu.be/Bxp9xxgEfak

 

Update, 11:00 Uhr: Das HP Reverb VR Headset G2 soll im Herbst zum Preis von knapp 650 Franken in den Schweizer Handel kommen. Vorbestellungen sollen voraussichtlich ab Juli möglich sein.

Was soll man vom Preis halten? In den USA kostet Valves Index nach wie vor auch mindestens 1000 US-Dollar (ohne Lighthouse-Basestations). Die etwas älteren, ausgedienten WMR-Brillen werden einem mittlerweile für 250 Franken nachgeworfen und eine Oculus Rift S oder eine Quest kostet noch immer um die 500 Franken. So gesehen, könnte sich das Reverb G2 preislich als «bessere Entry-VR-Brille» zu einem sehr interessanten Produkt für Gamer mausern, die schon mit sehr guter PC-Hardware betucht sind, aber vielleicht nicht so viel Platz für eine aufwändigere Einrichtung mit Laserstationen haben. Ausserdem lassen sich über das Revive Tool natürlich viele Oculus-exklusive Spiele gut auf Windows Mixed Reality sowie auf der HTC Vive als auch auf der Valve Index spielen, was abhängig vom Button Mapping nun auch dem neuen HP Controller zugute käme.

Jemand unter den Journalisten hat HP John Ludwig auch die Frage gestellt, welche Brille er aufgrund des grossen Spektrums von Low-End zu High-End denn im Moment selber bevorzuge. Er antwortete darauf lachend, dass jeder Vater natürlich sein eigenes Kind liebe. Er habe vor allem Spass an der hohen Auflösung und würde daher selbstverständlich HPs Reverb G2 wählen.

Was HPs Reverb G2 in der Praxis taugt, werden wir spätestens sehen, sobald erste Testgeräte verfügbar sind. Wir halten euch auf dem Laufenden.

Schreibe einen Kommentar
Verwandte Beiträge
DE