Einen Helikopter bei schlechter Sicht auf einem stark schwankenden Schiff zu landen – das ist selbst für erfahrene Piloten und Pilotinnen eine grosse Herausforderung. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben ein Assistenzsystem entwickelt, das wichtige Informationen direkt im Visier des Pilotenhelms abbildet. Das System ermöglicht so einen präzisen Landeanflug bei extremen Wetterbedingungen.
Es stürmt, die Wellen lassen das Schiff heftig schwanken, die aufpeitschende Gischt und die dichten Wolken behindern die Sicht noch zusätzlich. Der Pilot steuert den kleinen Landeplatz auf dem Schiff an. Er weiss: Der Helikopter darf mit den Rotorblättern den Aufbauten des Oberdecks nicht zu nahekommen, muss aber weit genug auf das Deck kommen, um nicht mit dem Rumpf ins Meer zu kippen. Immer wieder muss der Pilot das Manöver abbrechen.
Diese herausfordernde und gefährliche Situation stellen Wissenschaftler der TUM am Hubschraubersimulator des Lehrstuhls für Hubschraubertechnologie nach. Sie entwickeln Lösungen, die den Anflug und das Landen für Piloten und Pilotinnen auf ein Schiffsdeck bei schlechten Wetterbedingungen sicherer machen sollen.
Augmented Reality im Pilotenhelm
«Auf hoher See gibt es meistens kaum Referenzpunkte, an denen man sich orientieren kann», erklärt Tim Mehling, Doktorand am Lehrstuhl für Hubschraubertechnologie. Die Piloten und Pilotinnen müssen daher immer wieder den Blick vom Schiff abwenden, um wichtige Informationen auf den herkömmlichen Cockpit-Instrumenten ablesen zu können.
«Dazu kommt, dass nach dem 20. Landeversuch auch die Konzentration des besten Piloten nachlässt», sagt Mehling. Seine Idee: Alle relevanten Informationen des Hubschraubers und des Schiffs sollen in Echtzeit direkt im Helm angezeigt werden und überlagern die Aussensicht. Diese Technologie wird auch Augmented Reality genannt.
Zunächst entwickelte Mehling eine realitätsnahe Simulation der maritimen Umgebung. Parallel erarbeitete er zusammen mit erfahrenen Marinetestpiloten und anhand von nationalen und internationalen Standards, welche Informationen die Piloten und Pilotinnen für den sicheren Landanflug benötigten.
«Für jede Flugphase während des Landeanfluges auf das Schiff haben wir eine entsprechende Symbolik entwickelt. Die aufeinander abgestimmten Symboliken werden automatisch entsprechend der Flugphase im Helm des Piloten angezeigt.»
Landung mithilfe der 3D-Rutsche
Angezeigt werden im Helm Informationen zur Fluglage und wichtigen Hubschrauberparametern. Die Software kann ausserdem das Schiffsdeck über Bilddaten automatisch detektieren und visualisiert dann den idealen Anflug, der in einer Art 3D-Rutsche angezeigt wird.
«Fehlt die Aussensicht aufgrund schlechten Wetters, kann der Pilot auf der raumstabilen virtuellen Rutsche hinuntergleiten, um sicher zu landen», erklärt Mehling.
Vier Testpiloten mit Marineerfahrung aus der Bundeswehr und der Industrie haben das System bereits getestet und für gut befunden. In einem weiteren Schritt soll das Pilotenassistenzsystem von Hubschrauberpiloten und -pilotinnen aus allen Bereichen getestet werden. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, das System noch weiter zu optimieren.
Das Projekt erinnert etwas an das kürzlich vorgestellte, bei dem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Hochschulen ein Konzept für eine kostengünstige Fernüberwachung von kleinen Flugplätzen entwickelt haben.
Quelle: Innovations-Report