Mithilfe von Virtual Reality (VR) sollen Menschen in die Rolle des Therapeuten schlüpfen – und sich so selbst besser kennenlernen.
Man nimmt vor einem langen Schreibtisch Platz, die Jalousien sind zugezogen. Neben einem steht ein Spiegel, in dem man sich selbst erkennt. Vor einem sitzt niemand anderer als Sigmund Freud. Der berühmte Psychoanalytiker fordert einem auf, von einem Problem zu erzählen.
Ist man mit der Schilderung fertig, wird die Umgebung schwarz, und man findet sich wenig später im Körper von Sigmund Freud wieder. Man sitzt sich nun beziehungsweise seinem virtuellen Avatar gegenüber der genau das wiederholt, was man vorher gesagt hat. Als nSigmund Freud gibt man der Person Ratschläge und Rückmeldungen – und wird damit quasi zum eigenen Psychotherapeuten.
Sicht von aussen kann helfen
Diese Szene ist Teil einer computergenerierten, virtuellen Welt und eines Versuchs von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern mit dem Ziel, herauszufinden, wie weit VR Menschen dabei helfen kann, eigene psychische Probleme zu bewältigen. Indem sich Menschen mithilfe von VR Brillen in einer virtuellen Realität als Drittperson von aussen wahrnehmen, soll dies dabei helfen, persönliche Sichtweisen und Muster zu erkennen und zu hinterfragen.
Tatsächlich haben weitere Studien herausgefunden, dass es schon allein einen Unterschied macht, ob Personen in Selbstgesprächen in der ersten oder zweiten Person mit sich selbst sprechen.
Dieser Effekt zeigte sich auch in der VR Studie mit dem virtuellen Sigmund Freud. Demnach gaben 80 Prozent der 29 Versuchsteilnehmer an, dass sie durch den Versuch ein anderes Gefühl zu ihrem Problem bekamen und sie versuchen würden, in Zukunft anders daran heranzugehen. In einer Kontrollgruppe aus ebenfalls 29 Teilnehmern, die nach der Schilderung ihres Problems nur eine vorgefertigte Antwort des virtuellen Freud erhielten, taten dies nur 40 Prozent.
Beziehungskonflikte aufarbeiten
Laut den Wissenschafterinnen und Wissenschaftern ist es auch möglich, künftig andere Personen als virtuelles Gegenüber zu erstellen. Dadurch könnten etwa Beziehungskonflikte mit bestimmten Menschen zunächst einmal in der virtuellen Welt aufgearbeitet werden, in der Hemmungen und soziale Normen möglicherweise eine geringere Rolle spielen.
Allerdings sei die Therapiemethode bisher nur für kleinere Konflikte erprobt und nicht für schwerwiegendere psychische Probleme, wie etwa Depressionen, getestet, geben die Forscher zu bedenken. Erst in einem nächsten Schritt soll dies getestet werden. Zudem sollten Therapiemethoden dieser Art immer gemeinsam mit Psychologen und Psychotherapeuten abgesprochen und durchgeführt werden, sagen Experten. Denn für Menschen mit bestimmen psychischen Erkrankungen könnte eine solche Behandlung mitunter auch gefährlich werden.B
VR in der Therapie wird bereits sehr vielschichtig eingesetzt, wie zahlreiche Beiträge von uns zeigen.
Quelle: der Standart / nature