Die Kunst und Kultur werden zunehmend digital. Der Vorarlberger Autor und Regisseur Thomas Welte arbeitet derzeit einem hybriden Digital-Format, bei dem das Publikum mit VR-Brille animierte Welten sieht.
«Streaming ist nichts, das Theater richtig präsentiert“», findet der Vorarlberger Autor und Regisseur Thomas Welte. «Das ist nur eine Notlösung. Das hat mir nie wirklich gefallen. Das Live-Erlebnis fehlt», meint er. Mit«Poligonale» will er in diesem Jahr ein hybrides Digital-Format auf die Bühne bringen, das beide Welten vereint. Und noch eins drauflegt: Das im Theater sitzende Publikum sieht die Schauspieler live in einer Virtual-Reality-Welt.
Virtuelle Welten
Er arbeitet derzeit mit seiner Truppe an einem kurzen Stück für zwei Schauspieler, die in Motion Capture-Anzügen stecken. All ihre Bewegungen werden digital aufgezeichnet und in eine virtuelle Welt transferiert, die die mit VR-Brillen ausgestatteten Besucher sehen. Nehmen sie die Brillen ab, sehen sie die Schauspieler auf der Bühne, wie sie Gegenstände bewegen oder interagieren. Der Ton kommt live aus dem Theatersaal.
Die virtuelle Umgebung baut Welte mit einem Game Engine, wodurch zahlreiche virtuelle Bühnenbilder auf Knopfdruck entstehen sollen.
Pandemie beschleunigte Entwicklung
Seine Poligonale sei ein technisch extrem kompliziertes Unterfangen, das zudem recht teuer ist. Da kommt es ihm zugute, dass er möglichst viel selbst umsetzen kann. «Ich bin seit ungefähr einem Jahr damit beschäftigt, dass das funktioniert.» Die Idee zu dem Format hatte er schon vor der Pandemie, die die Umsetzung allerdings beschleunigt habe. Dank zahlreicher vorhandener Open Source-Vorlagen habe er selbst einen Motion Capture-Anzug bauen können, das Publikum im Saal erhält die VR-Sets gestellt.
Aber auch zu Hause könnten Theaterbesucher mit dabei sein, sofern sie über eine derartige Brille verfügen.
Dabei denkt Welte nicht unbedingt an das klassische Theaterpublikum, sondern auch an junge Gamer, die sonst wenig mit dem Medium Theater am Hut haben, aber über die technische Ausrüstung verfügen. «Das ist das Ding, wo ich mir denke, da kann man weniger theaterinteressiertem Publikum den Zugang erleichtern», zeigt er sich optimistisch.
Mischung aus Theater und Film
«Ich bin nicht sicher, ob ich Theater dazu sagen will», ringt er um eine Definition. «Es ist eine Mischung aus Theater und Film. Es ist ein Live-Film. Was ich im Theater nicht kann, kann ich hier: unendlich viele Welten erstellen. Ich kann durch die Gegend fliegen, wenn ich will.» Dennoch sei es ganz anders, als einen Film zu drehen, für den man mehrere Monate Zeit hat. D
Das Problem am Theater – vor allem bei kleinen Produktionen – sei jedoch immer, ein Stück mit 20 Figuren mit fünf Schauspielern zu inszenieren. «Dieses Problem hat man bei VR nicht, weil da kann man das alles auf Knopfdruck verändern. Ich muss mich nicht beschränken.» Für ihn als Regisseur bedeutet das allerdings jeden Abend harte Arbeit, da man die Prozesse nicht automatisieren könne. «Man sitzt am Computer und managt alles mit den Kameras, wie bei einer Live-Sportübertragung.» Die Premiere soll im Herbst stattfinden. Auch werde das Stück mit rund 30 Minuten recht kurz sein. «Wenn man diese Headsets nicht gewöhnt ist, ist es am Anfang nicht einfach. Aber wir machen es, um zu zeigen, dass es möglich ist.»
Quelle: Voralberg