In Österreich werden komplexe Tumor-Eingriffe mithilfe eines 3D-Modells in Virtual Reality (VR) geplant werden. Die Software dazu wurde in der Universität Basel entwickelt.
Zu nah an einen Tumor dürfen Ärzte nicht gelangen: «Wenn wir in den Tumor hineinschneiden, ist es absolut tödlich für den Patienten», sagt Michael Nogler, stellvertretender Direktor und Leiter der Abteilung für experimentelle Orthopädie an der Uniklinik Innsbruck. Das umgebende Gewebe, zum Beispiel Nerven, darf zudem nicht verletzt werden. Ist ein Schnitt zu tief, kann der Patient nach der OP sein Bein vielleicht nicht mehr bewegen oder seinen Harn zurückhalten.
Um diese Faktoren schon vor dem Eingriff zu berücksichtigen, werden herkömmliche, zweidimensionale Bilder der Röntgen-Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) des Patienten herangezogen. Während diese normalerweise am Bildschirm analysiert werden, ermöglicht VR nun eine noch viel präzisere Untersuchung.
3D-Modell mit Software aus Basel
Mediziner der Innsbrucker Universitätsklinik für Orthopädie haben unlängst die erste Operation in Österreich im virtuellen Raum vorbereitet. Der operierende Arzt setzt eine VR-Brille auf und kann damit die gesamte Anatomie des Tumorpatienten dreidimensional analysieren. Die neue Visualisierung erleichtert somit Berechnungen, wie der Körper gänzlich und ohne gröbere Folgen vom Tumor befreit werden kann.
Wie die an der Universität Basel entwickelte Software vorgeht, ist grundsätzlich nicht neu: Wie sonst auch werden die CT- und MRT-Daten in Schichten aufeinandergelegt, sodass daraus Volumenmodelle beziehungsweise anatomische Darstellungen entstehen. Dieses Rendering schafft die Software besonders schnell. Die 3D-Visualisierung kann in Folge von allen Seiten inspiziert werden.«Neu ist die Art und Weise, sie in den virtuellen Raum zu bringen und damit ein neues Benutzer-Interface zu schaffen, mit dem wir gemeinschaftlich arbeiten können», sagt Nogler.
Den Raum können demnach nicht nur die VR-Brillenträger betreten – die Aufnahme kann für alle Anwesenden auf einen Bildschirm übertragen werden. Auch internationale Experten können laut dem Spezialisten bei der Vorbereitung live zugeschaltet werden. Die Analyse erfolgt ad hoc und ohne händische Nachbearbeitung, wie es eine herkömmliche Analyse der Schichtbilddaten oft verlangt.
Zoom möglich
Der grosse Vorteil liege vor allem darin, dass der Arzt den Eingriff unter fast realen Bedingungen planen kann und den Körper des Patienten genau so vor sich sieht, wie während der Operation: in 3D. «Dreidimensionale Informationen im virtuellen Raum anzuschauen, ist einfach viel intuitiver», sagt der Experte. Per Joystick kann die Visualisierung auch gedreht und gewendet werden – der Arzt kann zusätzlich um die Darstellung herumgehen und beispielsweise den Tumor näher heranzoomen.
Die allererste Operation wurde mehrere Monate zuvor aufwendig vorbereitet und schliesslich erfolgreich durchgeführt. Bei dem riskanten Eingriff wurde einem jungen Patienten ein fussballgrosser Knochentumor im Hüft- und Lendenwirbelbereich entfernt. Seitdem kommt die Methode an der Innsbrucker Uniklinik regelmässig zum Einsatz.
Die Zukunft
Nächster Schritt sei laut Nogler, die Innovation vollständig in das Röntgensystem der Uniklinik zu integrieren. In Zukunft sei es zudem vorstellbar, die gesamte Operation auch im Vorfeld genau durchzuspielen: «In der Software können wir noch nicht alle Schritte dokumentieren und simulieren», sagt Nogler. Aktuell würden sie gedanklich durchgeführt.
Quelle: Futurezone