Ist ein Mensch real, wenn nur ich ihn sehe? Die Dramaturgin Sarah Buser hinterfragte mit ihrem Projekt «Body Buddies», welche in der Kunsthalle Basel erlebt werden konnte, die Wahrnehmung: Die Avatare bewegen sich dabei im virtuellen Ausstellungsraum, der mit der analogen Welt verschmilzt, zeigen ihre unterschiedlichen, persönlichen Bezüge zu den ausgestellten Werken und sinnieren über Körper und Körperlichkeit.
Sarah Buser hält ein Tablet in der Hand. Auf dem Bildschirm schwimmt eine Frau durch die Räume der Kunsthalle Basel. Die Frau heisst Fränzi und erklärt den Besuchern, wie sie persönlich die ausgestellten Kunstwerke interpretiert. Fränzi ist nur sichtbar, wenn man die Ausstellung durch das Tablet betrachtet, auf das die Dramaturgin Buser gemeinsam mit Franziska Baumgartner und Camilla Franz vom Vermittlungsteam der Kunsthalle eine App installiert haben. Mit der App betrachten die Besucher die reale Ausstellung wie durch eine Smartphone-Kamera. Mit dem einzigen Unterschied, dass auf dem Bildschirm eine animierte Person zu sehen ist, die von ihren persönlichen Eindrücken der Ausstellung berichtet.
Buser hat die App selbst programmiert. Sie hält das Tablet auf Kopfhöhe, den Blick auf den Bildschirm gerichtet folgt sie der virtuellen Fränzi durch den Raum und erzählt mit leuchtenden Augen von den Möglichkeiten der Augmented Reality, der Technik, die die Realität mit virtuellen Elementen erweitert.
«Die Frage ist dann: Ist die schwimmende Frau jetzt wirklich da, wenn nur ich sie sehe und in der realen Welt auf sie reagiere, oder nicht?» Es sind solche Überlegungen, die Sarah Buser dazu brachten das Programmieren zu lernen und Theater und Projekte mit dem Schwerpunkt Augmented Reality zu realisieren. Sie möchte die Realität befragen und liebt es, die physikalischen Gesetze zu umgehen.
«Beim Programmieren ist alles möglich. Wenn Fränzi will, dass sie wie in einem Aquarium durch die Kunsthalle schwimmt, dann mache ich das möglich. Die physikalischen Gesetze und die Konventionen des Ausstellungsraumes sind dann nebensächlich.»
Theater als Verhandlungsraum
Das Projekt in der Kunsthalle erarbeitete sie auf Anfrage gemeinsam mit dem dortigen Vermittlungsteam als Ergänzung zur Regionale-Ausstellung «A Tooth for an Eye». In jedem Raum begegnet dem Besucher auf dem Tablet eine andere Figur, die von ihrem ganz persönlichen Zugang zu den ausgestellten Kunstwerken berichtet. Die Figuren sind nach dem Abbild unterschiedlicher realer Personen gestaltet und bewegen sich im Raum so, wie diese Personen es sich gewünscht haben.
Das Projekt ermöglicht dem Publikum eine zusätzliche Erfahrung zur klassischen Ausstellung. Dabei können sich die Besucher aber nicht einfach nur berieseln lassen, sondern müssen sich aktiv im Raum bewegen, den virtuellen Figuren folgen und dabei sowohl den realen als auch den virtuellen Raum wahrnehmen. Jeder Besucher bestimmt sein Tempo und seinen Weg durch den Raum selbst. So entsteht für jeden eine individuelle Erfahrung. Dass durch diesen Handlungszwang auch eine Überforderung entstehen kann, ist Buser durchaus bewusst.
Dieser Aspekt interessiert sie auch bei ihren Theaterproduktionen. Als Dramaturgin möchte sie die Grenzen des klassischen Theaterbegriffs diskutieren und dabei die Fragen der Digitalisierung mit einbeziehen. In ihren Stücken spielen die Schauspieler nicht alleine die Hauptrolle. Technik und Umgebung beeinflussen das Gesamterlebnis gleichermassen. Auch sonst passt vieles an ihrer Arbeit nicht unter das klassische Label «Theater».
«Alles, was die Leute vom Theater wissen, ist Folgendes: Ich gehe in einen dunklen Raum und muss mein Smartphone ausschalten. Bei meinen Stücken müssen sie sich bewegen und bekommen ein Smartphone in die Hand», sagt Buser.
Durch die individuelle Aufgabe, die jeder Besucher dadurch erhält, bleibt das Geschehen nicht mehr bloss Zeichenhaftes, also Darstellung einer anderen Welt auf einer Bühne, sondern wird direkt zwischen den Besuchern und ihrer Umgebung verhandelt. «So kann ich mit der Augmented Reality das Theater erweitern», sagt Buser.
Leider ist die Ausstellung bereits vorbei.
Quelle: aargauerzeitung