Wenn man an Tech-Events ein lustiges, hochfrequentes «Schwups»-Geräusch hört, dann ist es jemand mit einer Ricoh-360-Grad-Kamera. Nicht ohne Grund: Die Vollsphärenkameras des international tätigen Unternehmens scheinen sich unter Journalisten und Bloggern einer gewissen Beliebtheit zu erfreuen. Das dürfte vor allem an der guten Bildqualität liegen, die schon beim Vorgänger, der Ricoh Theta S, auf hohem Niveau war. An die mittelmässige Videoqualität konnte ich damals nicht gewöhnen. Das ist jetzt aber dank 4K-Unterstützung und mehr Rechenleistung besser geworden. Von aussen sieht die Ricoh Theta V, abgesehen von dem etwas glänzenden Kunststoff, fast genau wie der Vorgänger aus. Auch die Bedientasten erinnern an das Theta-S-Modell. Was ist denn überhaupt sonst noch neu?
360-Grad-Audio und mehr Prozessorleistung
Die grösste Verbesserung der Ricoh Theta V ist der Performance-Schub des Qualcomm-Snapdragon-625-Prozessors. Fotos der vorderen und hinteren Linse werden dank der zehnmal schnelleren Rechenleistung in kürzerer Zeit zusammengenäht und auch flinker auf das Smartphone übertragen. Ausserdem können nun Videos in einer 4K-Auflösung (3840 x 1920 px) mit 30 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet werden. (Die Theta S beherrschte nur Full HD.)
Weiter kann das VR-Gadget mit einem 4-Kanal-Raumklang-Mikrofon aufwarten. Das ist sicher auch eine nette Dreingabe, da störende Umgebungsgeräusche von Wettereffekten wie Wind und Stimmen mehrerer sprechender Personen bei den bisher eingebauten Mikrofonen nicht selten überdröhnen konnten. Das ist nun bei der Ricoh Theta V tatsächlich ein wenig besser geworden. Allerdings muss ich dazu noch ein paar zusätzliche Erfahrungen sammeln.
Gute VR-Qualität
Ich habe mir die Fotos und Videos auf Samsungs Gear VR angeschaut und in verschiedene soziale Netzwerke hochgeladen. Einmal mehr fällt auf, dass vor allem Facebook die Auflösung stark herunterskaliert. Am besten sieht man die Unterschiede mit einer VR-Brille. Die Videos und Fotos hinterlassen auf mich in der virtuellen Realität insgesamt einen guten Eindruck. Die Fotoqualität ist mindestens auf ähnlichem Niveau wie bei Samsungs Gear 360 (2016). Der 2017er-Neuanwärter der Südkoreaner war für mich ohnehin eine Enttäuschung: Einbussen bei der Bildqualität gibt es dort vor allem wegen der Auflösung der platzsparenderen Linsen.
Bei der maximalen Auflösung der Bildaufnahmen hat sich übrigens nichts getan. Auch der Neuling schafft insgesamt 14 Megapixel (5376 x 2688 Bildpunkte). Die Einzelbilder auf dem nun fast doppelt so grossen internen Flash-Speicher (19 GB) sind wieder ungefähr 2,45 MB «schwer».
Mehr Belichtung und bessere Verschlusszeiten
Was mir sehr gut gefällt und zunächst im manuellen Modus auch für einige überbelichtete Aufnahmen sorgte: Ricoh hat bei der neuen Version die Lichtempfindlichkeit der ISO-Werte von 1600 auf 3200 angehoben. Von den verbesserten Verschlusszeiten (1/2500 bis 1/6400 Sekunde) merke ich in diesem Zusammenspiel noch nicht viel. Was ich aber häufiger bei älteren Sphärenknipsern der Preisregion von bis zu 300 Franken beobachtet habe: Bei einem Rundumbild mit Personen können natürliche Bewegungen von Armen und Händen schneller verschmieren als bei der 475 Franken teuren Ricoh Theta V.
Anbei noch ein kurzer 4K-Videoclip mit meiner neuen Ricoh Theta V:
Hier noch ein Vergleich mit dem Vorgängermodell (Ricoh Theta S):
Eigenes Android-Betriebssystem
Noch in der frühen Phase ist das eigene Android-OS, das direkt auf der Hardware läuft. Davon merkt man aber im Moment als Anwender noch nichts, weil man wieder hauptsächlich über die Smartphone-App der Ricoh Theta S auf die Vollsphären-Kamera zurückgreift. Die App ist leider immer noch ein wenig unausgereift, stürzte bei mir ein paar Mal ab und verbindet sich selbst über ein Galaxy S8 etwas träge zur Theta V. Hoffentlich wird hier noch nachgebessert.
Denkbar ist aber laut Herstellerseite, dass die Entwickler sogar eigene Plug-ins über einen Onlinestore nachliefern. So wären beispielsweise auch Erweiterungen wie Miracast für den Fernseher möglich, um 360-Grad-Aufnahmen direkt auf den TV streamen. Das alles sind aber Features, die noch nicht da sind. Dafür ist es wieder sehr einfach, alle Funktionen über zahlreiche iOS- und Android-Smartphones zu anzusprechen.
Einschränkungen bei der Bedienung
Bedienen kann man den Nachfolger von Ricoh wieder wie gewohnt über die vier Tasten (Modus, Aufnahme, Power und WLAN). Zur Wahl stehen mit der App zudem Funktionen wie Serienaufnahmen nach unterschiedlichen Belichtungen und variable Selfie-Timer. Flexibler geworden ist die Ricoh Theta V aber nicht. Sphärische Videos lassen sich zwar direkt über die App auf YouTube hochladen. Will man aber ein Foto auf Facebook oder Twitter posten, geht das wie damals bei der Theta S wieder nur per Link-Einbindung über Ricohs eigene Cloud-Plattform. Um eine 360-Grad-Aufnahme auf Facebook zu stellen, schliesst man die Kamera besser über das mitgelieferte Micro-USB-Kabel am PC an. Obwohl die Ricoh Theta V auch Live-Streaming mit Zuhilfenahme einer PC-Software unterstützt, gibt es im Gegensatz zur neuen Gear 360 (2017) noch keine 4K-360-Grad-Unterstützung für Facebook Live. Möglich ist aber, dass hierzu noch ein Firmware-Update nachgereicht wird.